Transportleitsystem der Uniklinik
Tupfer und Tortellini unterwegs im Tunnel

Michael Kazianschütz (Leiter für Wirtschaft und Logistik am Klinikum) und Markus Pedevilla (Leiter der Fachabteilung für Medizininformatik) vor einem der Elektroschlepper im Logistiktunnel des LKH-Universitätsklinikum Graz, in dem täglich mehrere tausend Güter – von Speisen über Apothekenwaren bis zur Wäsche, transportiert werden.  | Foto: KAGes
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  • Michael Kazianschütz (Leiter für Wirtschaft und Logistik am Klinikum) und Markus Pedevilla (Leiter der Fachabteilung für Medizininformatik) vor einem der Elektroschlepper im Logistiktunnel des LKH-Universitätsklinikum Graz, in dem täglich mehrere tausend Güter – von Speisen über Apothekenwaren bis zur Wäsche, transportiert werden.
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Größere Städte verfügen vielfach über ein eigenes U-Bahn-Netz. Dass das Gelände der Uniklinik Graz so groß wie eine ganze Stadt anmutet, ist hinlänglich bekannt. Was viele aber nicht wissen: Auch diese kleine "Med-Stadt" hat ihre eigene "U-Bahn". Unterirdisch werden über ein eigenes Transportleitsystem nämlich seit zehn Jahren täglich rund 1.400 Transporte abgewickelt – von Tupfern über Thomapyrin bis hin zu den Tortellini zu Mittag, und in besonderen Fällen werden auch Menschen, sprich Patientinnen und Patienten hier transportiert.

GRAZ. Besondere Gegebenheiten erfordern besondere Lösungen. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Entstehungsgeschichte des bis dato europaweit einzigartigen Transportleitsystems, kurz TLS, unter dem Gelände des Universitätsklinikums Graz wohl am besten zusammenfassen. Was die Uniklinik auszeichnet, ist ihre "pavillonartige" Ausrichtung. Dies bedeutet, dass auf etwa 60 Hektar Fläche 18 Kliniken und 37 klinische Abteilungen verteilt sind", skizziert Michael Kazianschütz die Herausforderung. Er leitet den Bereich Wirtschaft und Logistik am Uniklinikum und hat mit seinem Team vor rund zehn Jahren den Anstoß für das damals in der Güterlogistik völlig neue unterirdische Transportleitsystem gegeben.

Michael Kazianschütz, Bereichsleiter für Wirtschaft und Logistik am Klinikum, führt durch das "Einfahrtstor" die Tunneleinfahrt, wo alle Güter und Medikamente ankommen und danach weiter verteilt werden.  | Foto: MeinBezirk
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"Damit ist es uns möglich, im Detail nachzuverfolgen, wo sich welche Gütergruppen gerade befinden – und das sind gerade in einem Krankenhausbetrieb aufgrund der Patientenversorgung besonders wichtig", wie Kazianschütz erklärt. Die Bandbreite reicht tatsächlich vom Duschpflaster über Druckerpapier bis zum Drei-Gänge-Menü für die rund 1.600 Patientinnen und Patienten, ganz zu schweigen von den knapp 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ein Scan, der alles aussagt

Wie bei Bestellungen in Online-Versandhäusern, wo mittlerweile nachvollzogen werden kann, ob die Ware schon versandt wurde, sich gerade auf dem Transportweg befindet oder bereits dem Lieferservice übergeben wurde, läuft auch der Großteil der Speisen- und Gütertransporte am LKH-Universitätsklinikum Graz nämlich nach einem ähnlichen System ab.

Wie genau, zeigt uns Kevin Frick direkt beim Lokalaugenschein "im Tunnel". Er ist gerade dabei, einen Transportwagen mit Essen auf die Urologie zu entsenden. Der Barcode am Transportwagen wird gescannt, damit ist für den Empfänger - in dem Fall eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Reinigung auf der Urologie – klar: Das Essen ist auf dem Weg und kann somit punktgenau am sogenannten Kopfbahnhof (so heißen die jeweiligen unterirdischen Terminals unter den einzelnen Kliniken) entgegengenommen werden. "Früher haben die Kolleginnen und Kollegen oft lange gewartet oder mehrmals im Kopfbahnhof des Tunnels vorbeigeschaut. Diese Zeit ersparen wir uns jetzt", zeigt sich Kazianschütz stolz, mit dem Transportleitsystem so möglichst zeiteffizient zu arbeiten.

Logistikmitarbeiter Kevin Frick scannt den Barcode am Speisentransportwagen und sorgt somit dafür, dass die Patientinnen und Patienten auf der Urologie rechtzeitig ihr Mittagessen bekommen. Im Hintergrund ersichtlich ist der Screen, auf dem alle Transporte aufscheinen. | Foto: MeinBezirk
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Zurück zu Kevin Frick und seinen rund 40 Kolleginnen und Kollegen, die unterirdisch Tag für Tag damit beschäftigt sind, dass ein Großteil der Transporte rechtzeitig und am richtigen Ort in dem 1,9 Kilometer fassenden Logistiktunnelsystem erfolgen (Anm.: Die Gesamtlänge aller Tunnels zusammen beträgt sieben km). Das Mittagessen für die Urologie ist bereits am Elektroschlepper unterwegs, weiter geht es mit Sterilgut für die OP-Säle auf der Chirurgie.

"Wir schaffen Schnittstellen zwischen der Transportlogistik-Software und Drittsystemen, wie  dem Warenwirtschaftssystem, dem Wäschesystem und dem Sterilgutsystem, sodass die Auftragsgenerierung mit dem Abschluss der Kommissionierungen vollautomatisch erfolgen kann", erklärt der Leiter der Fachabteilung für Medizininformatik Markus Pedevilla das soeben gesehene Prozedere nochmals im Fachjargon.

Ein Modell, das Schule macht

Die Fehleranfälligkeit dieses außergewöhnlichen Systems ist so gut wie "null", lacht Kazianschütz. "Falsche Zustellungen würden wir digital sofort bemerken." Einzig ein Medikamententransport sei einmal abhanden gekommen, "aber auch der wurde rasch wieder gefunden. Neben Medikamenten, Essen, Materialwirtschaftsgütern, Wäsche, Sterilgut und Abfall werden in Ausnahmefällen sogar auch – vorwiegend liegende – Patientinnen und Patienten im Logistiktunnelsystem von den Mitarbeitenden des Zentralen Patiententransportdienstes transportiert. "Der Tunnel bietet hier die Möglichkeit erschütterungsarme Transporte bei konstanten Temperaturen durchzuführen", so der Logistikleiter.

Abriss des 1,9 Kilometer fassenden Logistiktunnels unter dem Gelände des Uniklinikums. | Foto: KAGEs
  • Abriss des 1,9 Kilometer fassenden Logistiktunnels unter dem Gelände des Uniklinikums.
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Zehn Jahre Vorsprung hat man mit dem Transportleitsystem in Graz. Schrittweise wollen jetzt Kliniken in der Schweiz und Deutschland nachziehen. "Allerdings muss man einräumen, dass etwa in Deutschland vielfach der Grad der Digitalisierung bei Weitem noch nicht an Österreich, geschweige denn an jenen der Uniklinik Graz, heranreicht", erläutert Markus Pedevilla. 
Insofern bleibe Graz weiterhin Pionier. Ein Pionier, der bereits weiter denkt: "Die nächsten Schritte, die wir setzen wollen, ist die Einbindung der Arbeitsaufträge der Technischen Instandhaltung, aber auch die Einbindung von Proben- und Gewebetransporten beziehungsweise die Zustellung von Zytostatika für die Krebstherapie", blickt Michael Kazianschütz in die Zukunft.

Alle Zahlen und Fakten zum Transportleitsystem (TLS):

  • Durch den 1,9 Kilometer langen Logistiktunnel des LKH-Universitätsklinikum Graz werden mit Elektroschleppern täglich rund 1.400 Transportfahrten zurückgelegt.
  • Rund 25 "Kopfbahnhöfe" sind unterirdisch eingerichtet. Von dort werden die Güter, Medikamente und Speisen per Lift weiter an die und in den 40 Kliniken oberirdisch verteilt.
  • Über das TLS werden Speisen, Materialwirtschaftsgüter (Büromaterial, medizinische Verbrauchsgüter etc.), Apothekenwaren, Sterilisationsgüter, Wäsche und Abfall an die jeweiligen Kliniken am insgesamt 60 Hektar großen Gelände des Uniklinikums Graz zugestellt. Nicht zu vergessen ist die notwendige Abfallentsorgung - rd. 17 t pro Jahr.
  • Jeder Transportwagen sowie die Behälter darin sind gescannt, sodass der zuletzt im System registrierte Standort der Waren per Mausklick abzufragen ist. Insgesamt stehen 140 mobile Scan-Endgeräte zur Verfügung. 
  • In der Betriebslogistik selbst sind 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Verteilung und Koordination beschäftigt.
  • Seit Inbetriebnahme vor zehn Jahren wurden somit mehr als fünf Millionen Transporte unterirdisch abgewickelt.
  • Das TLS ist damit Teil des Lean-Logistik-Prinzips, dem sich die Logistik des Uniklinikums – neben anderen Bereichen auch - verschrieben hat, insbesondere um jegliche Art von Verschwendung zu vermeiden. Prozesse werden dadurch effizienter und kostengünstiger - gleichzeitig kann so eine qualitativ hochwertige Versorgung gewährleistet werden.
  • 2017 wurde das Gesamtkonzept Logistik und damit auch das TLS als Teil davon mit dem Innovationspreis für Krankenhauslogistik in Leipzig ausgezeichnet.

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